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Verbot von Zeitarbeit im Baugewerbe
Der Fachkräftemangel macht vor keiner Branche Halt – auch nicht vor der Baubranche. Für die Arbeitnehmerüberlassung in Unternehmen des Baugewerbes gelten jedoch verschärfte Rahmenbedingungen, die unbedingt beachtet werden müssen.
So verschärft, dass man schon fast von einem Verbot sprechen kann.
Die Arbeitnehmerüberlassung in das Bauhauptgewerbe durch ein Personaldienstleistungsunternehmen ist laut dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz § 1b bereits seit 1982 untersagt.
Nach Verabschiedung der letzten AÜG-Reform ist der Einsatz von Leiharbeitnehmern im Baugewerbe weiterhin nur unter Einhaltung von gesetzlichen Beschränkungen zulässig.
Durch die sogenannte „Kollegenhilfe“ haben Baubetriebe aber zukünftig die Möglichkeit, sich Arbeitnehmer auf Zeit von anderen Baubetrieben auszuleihen und dadurch eine gewisse personelle Flexibilität zu bewirken.
Die wesentlichen Vorgaben des zum 1. April 2017 geänderten Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes sowie die Herausforderungen in der Praxis der Zeitarbeit erfahren Sie in diesem Artikel.
Sequenzielles Verbot von Zeitarbeit
Die Kanzlei KARST Rechtsanwälte für Arbeitsrecht ist ausschließlich für Sie als Verleiher für Fragen der Arbeitnehmerüberlassung tätig und für Sie der richtige Ansprechpartner.
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Gesetzliche Voraussetzungen: Was ist erlaubt?
Eine Überlassung im Baugewerbe ist nur dann zulässig, wenn sie ausschließlich zwischen Unternehmen des Baugewerbes stattfindet.
Das AÜG (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz) legt im § 1b S. 2 b) zusätzlich fest, dass nur innerhalb des jeweiligen Bereiches der 5 Bautarifbereiche Baugewerbe, Abbruchgewerbe, Gerüstbaugewerbe, Dachdeckerhandwerk sowie Landschafts- und Gartenbau eine Überlassung betrieben werden darf.
Das bedeutet, dass beispielsweise nur ein Bauunternehmen an ein Bauunternehmen oder ein Gerüstbaubetrieb an einen Gerüstbaubetrieb überlassen darf.
Eine Überlassung von Personal ist nur dann zulässig, wenn der verleihende Betrieb weniger als 50 Arbeitskräfte beschäftigt.
Dazu zählen alle bei dem Verleiher beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer und Auszubildenden, auch wenn diese nur befristet, in Teilzeit oder als geringfügig Beschäftigte eingestellt sind.
Der Betriebsinhaber wird jedoch nicht mitgezählt und die Größe des entleihenden Unternehmens ist nicht von Bedeutung. Die Arbeitnehmerüberlassung setzt voraus, dass dadurch Kurzarbeit oder sogar Entlassungen in dem verleihenden Betrieb verhindert werden können.
Aus den Geschäftsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit geht hervor, dass eine konkrete und begründete Gefahr von Kurzarbeit oder Entlassungen beim Verleiher vorliegen muss. Dieses Vorliegen muss der Verleiher im Zweifelsfall nachweisen können.
In den Antragsmustern der Bundesagentur für Arbeit werden in der Regel eine kurze Schilderung der betrieblichen Situation im Verleihbetrieb gefordert, aufgrund dessen der Betrieb ohne die beantragte Arbeitnehmerüberlassung zu Kurzarbeit oder Entlassungen von Personal gezwungen wäre.
Beispiele
- Mangelnde Aufträge und ein Überhang an Personal
- Verzögerung
- Unterbrechung oder Wegfall von Aufträgen oder ein vorübergehender Auftragsrückgang
Werden diese gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, kann eine Überlassung von Arbeitskräften bis zu einer Dauer von 12 Monaten stattfinden. Laut der Bundesagentur für Arbeit kann ein Arbeitnehmer auch mehrfach überlassen werden (wiederholte Überlassung).
Ebenso eine Überlassung mehrerer Arbeitnehmer des Verleihers ist zeitgleich möglich (Mehrfachüberlassung), sofern die Dauer von 12 Monaten für jeden einzelnen Mitarbeiter nicht überschritten wird. Die Überlassungszeiten werden dabei nicht zusammengerechnet.
Liegen diese gesetzlichen Voraussetzungen vor, ist eine Überlassung des Arbeitnehmers bis zur Dauer von 12 Monaten an einen anderen Baubetrieb zulässig. Soweit für diesen Arbeitnehmer ein Einsatzplan für die Dauer von zwölf Monaten vorliegt, sind Überlassungen entsprechend dieses Planes für einen Zeitraum von zwölf Monaten unter vorheriger Anzeige zulässig. Fehlt dieser Einsatzplan, ist für jeden Einsatz des Arbeitnehmers gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 1a AÜG vorliegen.
Sobald eine der gesetzlichen Voraussetzungen nicht nachgewiesen werden können, liegt im Zweifelsfall eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung – für die Verleiher als auch Entleiher haften – vor.
Auch wenn die eben genannten gesetzlichen Bestimmungen durch den Verleiher erfüllt werden müssen, sollte der Entleiher diese unbedingt überprüfen.
Die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Unternehmen des Baugewerbes ist also zulässig, wenn
- Der Verleiher und Entleiher Baubetriebe sind
- Der Verleiher seit mindestens 3 Jahren von denselben Rahmen- und Sozialkassentarifverträgen erfasst wird
- Der Verleiher weniger als 50 Arbeitnehmer beschäftigt
- Im Unternehmen des Verleihers durch die Überlassung von Arbeitskräften Kurzarbeit oder gar Entlassungen vermieden werden
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Wer ist laut AÜG ein Bauunternehmen?
Wann es sich um einen Baubetrieb handelt, geht entsprechend aus § 1 der Baubetriebe-Verordnung hervor.
Ein entscheidender Faktor ist es, ob in arbeitszeitlich überwiegend Bauleistungen erbracht werden.
Der Begriff Bauleistungen wird ebenfalls im § 1 der Baubetriebe-Verordnung durch einen Beispielkatalog näher eingegrenzt.
Betrieblicher Schwerpunkt
Wenn ein Unternehmen überwiegend Arbeitnehmer verleiht, kann er demzufolge kein Baubetrieb sein – auch dann nicht, wenn es vorrangig Arbeitnehmer an andere Baubetriebe überlässt.
Der Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit liegt dann nämlich nicht mehr beim Erbringen von Bauleistungen, sondern in der Überlassung von Arbeitskräften. Wenn der Anteil der Arbeitnehmerüberlassung auf mehr als 50 % der Gesamtarbeitszeit ansteigt, kann ein Verleiher aus dem Baugewerbe früher oder später seine Eigenschaft als Baubetrieb verlieren.
Dieser Vorgang läuft oft schleichend ab, da aus dem Baubetrieb mit der Zeit ein klassisches Zeitarbeitsunternehmen wird, dem es gesetzlich verboten ist, an andere Bauunternehmen Arbeitskräfte zu überlassen.
Meist ohne es zu wollen und es sogar zu merken, verstößt der Verleiher gegen das Verbot der Arbeitnehmerüberlassung in das Baugewerbe – hat er sich schließlich selbst noch als Baubetrieb verstanden.
Zugehörigkeit in der Sozialkasse
Der § 1b S. 2 b) im AÜG setzt außerdem voraus, dass der verleihende Betrieb nachweislich seit mindestens 3 Jahren von denselben Rahmen- und Sozialkassen-Tarifverträgen oder von deren Allgemeinverbindlichkeit erfasst sein muss.
Das bedeutet, dass das verleihende Unternehmen durchgehend in den vergangenen 3 Jahren Beiträge an die jeweilige Sozialkasse abgeführt haben muss.
Mit der kurzfristigen Gründung eines Zeitarbeitsunternehmens ist also nicht automatisch die Arbeitnehmerüberlassung ins Baugewerbe gesichert. Der Gesetzgeber möchte damit verhindern, dass Personaldienstleister kurzfristig ein Unternehmen gründen und sich als Baubetrieb ausgeben, um Personal auch ins Baugewerbe überlassen zu dürfen.
Warum ausgerechnet das Baugewerbe?
Jetzt stellen Sie sich bestimmt die Frage, warum gerade das Baugewerbe eine solche Ausnahme in der Arbeitnehmerüberlassung darstellt.
Darauf gibt es trotz ausgiebiger Recherche keine eindeutige Antwort – auch scheint es diese Regelung nur in Deutschland zu geben.
Die Baubranche ist häufig von Schwarzarbeit und starken, wirtschaftlichen wie auch saisonalen Schwankungen betroffen.
Ziel des Verbots könnte also sein, dass dieser wichtige und zugleich anfällige Wirtschaftszweig besonders geschützt und vor allem stabilisiert werden soll. Das Verbot schützt außerdem die Arbeitnehmer – durch das Leiharbeitsverbot im Baugewerbe werden Lohndumping oder ein Arbeitsplatzverlust aktiv verhindert.
Andererseits unterbindet das Verbot dem Baugewerbe auch den Zugang zu einem effektiven, personalwirtschaftlichen Instrument – der Zeitarbeit – was allen anderen Branchen zur Verfügung steht.
Gerade bei saisonaler Arbeit (die das Baugewerbe ganz besonders häufig betrifft) wäre die Zeitarbeit ein bedeutungsvolles Mittel für die Unternehmen der Baubranche, um etwa Entlassungen in der Stammbelegschaft zu verhindern.
Angesichts dessen sprechen sich viele Unternehmen (Verleiher als auch Entleiher) des Baugewerbes gegen das Verbot aus und suchen nach Möglichkeiten, das Gesetz zu umgehen.
Leider gibt es diese Möglichkeiten, denn der entsprechende Paragraf im AÜG lässt viele Unklarheiten über das Verbot.
Ziel des Verbots sollte eigentlich eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Leiharbeitnehmer sein.
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Herausforderungen in der Praxis
Die Überlassung von Arbeitnehmer ist im Baugewerbe also mit engen, rechtlichen Voraussetzungen verknüpft – Verleiher als auch Entleiher müssen in der gleichen Baubranche tätig sein.
In der Praxis stehen die Verleiher jedoch noch vor weiteren Herausforderungen:
Allgemeines Equal Treatment
In der klassischen Arbeitnehmerüberlassung kann von dem Gleichstellungsgrundsatz (= Equal Treatment) gemäß dem § 8 Abs. 2 im AÜG durch Anwendung eines Tarifvertrages für die Zeitarbeit (iGZ und BAP-Tarifvertrag) abgewichen werden – aufgrund des Equal Pay jedoch nur für 9 Monate.
Das ermöglicht dem Zeitarbeitsunternehmen einen flexiblen und kurzfristigen Personaleinsatz, ohne dass er vorher bei dem Kundenunternehmen sämtliche, geltenden Arbeitsbedingungen für einen vergleichbaren Arbeitnehmer im Kundenbetrieb abfragen muss.
Equal Treatment im Baugewerbe
Vergleichbare Tarifverträge, die eine Abweichung vom Grundsatz des Equal Treatment erlauben würden, existieren im Baugewerbe bisher nicht.
Das heißt, dass eine Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe ausschließlich auf Grundlage des Equal Treatment betrieben werden darf.
Daraus lässt sich schlussfolgern, dass der Verleiher seinen Arbeitnehmern von Beginn an und über die komplette Dauer der Überlassung alle wesentlichen Arbeitsbedingungen (für einen im Betrieb des Entleihers vergleichbaren Stammmitarbeiter) gewähren muss.
Das schließt auch das Arbeitsentgelt mit ein und macht vor Beginn der Überlassung eine umfängliche Abfrage der Arbeitsbedingungen erforderlich.
ACHTUNG
Manche Verleiher im Baugewerbe nehmen an, dass der Gleichstellungsgrundsatz erfüllt ist, indem einfach der Bau-Tariflohn gezahlt wird.
Eine entsprechende Abfrage noch vor Beginn des ersten Arbeitstages der Leiharbeiter ist allerdings in jedem Fall erforderlich!
Sofern der Einsatzbetrieb übertarifliche Zuschläge zahlt, sind diese auch den Leiharbeitnehmer zu gewähren und entsprechend einzukalkulieren.
Aufgrund der hier beschriebenen Herausforderungen braucht es spezielle Vertragswerke für die Beziehung zwischen Verleiher und Entleiher (Einsatzbetrieb) sowie zwischen Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) und Arbeitgeber (Verleiher). Auf die regulären Vertragswerke für die Arbeitnehmerüberlassung kann hier nicht zurückgegriffen werden!
Ein Verbot mit Ausnahmen
Das Verbot, Mitarbeiter über die Zeitarbeit in das Baugewerbe zu überlassen, hat bestimmte Ausnahmen. Wenn gewisse Bedingungen erfüllt werden, ist Leiharbeit auch im Baugewerbe möglich.
Ein normaler Personaldienstleister darf in der Baubranche keine Arbeitnehmerüberlassung anbieten. Baubetriebe jedoch dürfen untereinander Arbeitnehmer verleihen, Voraussetzung dafür ist, dass beide Betriebe im gleichen Baugewerbe tätig sind.
Das verleihende Unternehmen muss dabei mindestens seit 3 Jahren von denselben Rahmen- und Sozialkassentarifverträgen erfasst werden.
Das soll verhindern, dass Zeitarbeitsunternehmen scheinbar kurzfristig ein Bauunternehmen gründen, um so das Verbot zu umgehen und innerhalb der Branche Arbeitskräfte überlassen zu können.
Aus diesem Grund darf der Schwerpunkt des entleihenden Bauunternehmens auch nicht auf der Arbeitnehmerüberlassung liegen. Der entleihende Baubetrieb muss seine Haupteinnahmequelle und somit seinen Schwerpunkt immer noch im direkten Erbringen von Bauleistungen haben.
Das Verbot betrifft des Weiteren auch nur die Arbeitskräfte, die direkt im Baubetrieb eingesetzt werden.
Mitarbeiter des Bauunternehmens, die im Büro tätig sind, wie Bürokräfte, Sekretäre oder Buchhalter, können ganz normal von einem Personaldienstleister über die Arbeitnehmerüberlassung entliehen werden.
Das Verbot der Zeitarbeit betrifft damit also explizit das sogenannte Bauhauptgewerbe.
Was passiert bei unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung?
Die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des AÜG wird durch die Bundesagentur für Arbeit als auch die Zollbehörden kontrolliert.
Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sieht bei Verstoß zahlreiche Straf- und Bußgeldvorschriften vor.
Ein Betrieb, der vorsätzlich oder fahrlässig entgegen dem Verbot der Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe Mitarbeiter überlässt oder einsetzt, handelt ordnungswidrig und hat mit einer entsprechenden Geldstrafe zu rechnen.
Setzt der Entleiher einen ausländischen Arbeitnehmer ohne erforderlichen Aufenthaltstitel, Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung ein, kann dies ebenfalls mit einer hohen Geldstrafe geahndet werden.
Weichen die Arbeitsbedingungen des ausländischen Leiharbeiters auffällig von denen deutscher Leiharbeiter ab, kann es für den entleihenden Betrieb sogar zu einer Freiheitsstrafe kommen.
Fazit
Die Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe ist aufgrund der Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes eingeschränkt.
Mit dem vollständigen Verbot der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung hat der Gesetzgeber zu einer radikalen Lösung zur Bekämpfung der teilweise illegalen Beschäftigung in diesem Wirtschaftszweig gegriffen.
In der betrieblichen Praxis enthalten die gesetzlichen Regelungen jedoch durchaus einige Ausnahmeregelungen, die den Verleih von Personal im Baugewerbe unter bestimmten Voraussetzungen ermöglichen.
Damit hat der Gesetzgeber die Forderung der Baubetriebe, Arbeitnehmer zumindest an andere Unternehmen im Baugewerbe überlassen zu dürfen und damit die Flexibilität der Baubetriebe zu erhalten, erhört und berücksichtigt.
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