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Der Equal Pay Grundsatz in der Zeitarbeit

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Der englische, aber mittlerweile eingedeutschte Begriff „Equal Pay“ bedeutet gleiche Bezahlung.

In der Arbeitnehmerüberlassung hat der Equal Pay eine besondere Bedeutung.

Es gibt die Zeitarbeit, auch Leiharbeit genannt, zwar bereits seit den 1970 Jahren in der BRD, aber:

Der Grundsatz der gleichen Entlohnung wurde tatsächlich erst mit der Reform des AÜG (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz) im Frühjahr 2017 gesetzlich fest verankert.

Im Vergleich zu anderen Industrienationen, in denen ein nennenswerter Anteil der Produktionskraft durch Leiharbeitnehmer erwirtschaftet wird, erfolgte die Einführung in Deutschland also recht spät.

Was ist Equal Pay genau?

Zu Recht forderten Arbeitnehmer, die über Personaldienstleistungsunternehmen vermittelt wurden, schon
seit etlichen Jahren die gleiche Behandlung, aber auch die identische Bezahlung wie Angestellte der entleihenden Unternehmen.

Das AÜG schrieb zwar schon länger eine Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer vor, eröffnete aber mit § 9 Abs. 1 Nr. 2 und § 8 Abs. 1 Möglichkeiten, mittels Tarifverträgen vom Equal Pay abzuweichen. Diese wurden von vielen Unternehmen der deutschen Arbeitnehmerüberlassungsbranche jahrelang reichlich genutzt – oft zum Nachteil der Leiharbeitskräfte.

Mit Inkrafttreten der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments, welche das AÜG bricht, gilt jedoch die Norm der Gleichbehandlung.

Und zwar immer bei zeitgleicher Befristung von Arbeits- und Überlassungsverträgen. Das bedeutet, dass tarifliche Abweichungen nur noch statthaft sind, wenn sie Leiharbeitskräfte Festangestellten gegenüber nicht benachteiligen.

Mittlerweile erhalten Leiharbeitnehmer für die Überlassungszeit, also identische Arbeitsentgelte wie vergleichbare Angestellte des entleihenden Betriebes.

Das EU-Parlament schrieb allen Mitgliedsstaaten vor, die o.g. Richtlinie in das jeweilige nationale Recht umzusetzen – seither ist Equal Pay auch in Deutschland Gesetz!

Die EU legte damit einen wichtigen Grundstein für das Wachstum der Personalvermittlungsbranche, welche heute eine signifikante Rolle für den deutschen Arbeitsmarkt spielt.

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Was beinhaltet der Equal Pay Anspruch?

Equal Pay hat nicht nur zum Ziel, dass Zeitarbeitnehmer, der bei Kunden unbefristet angestellten Belegschaft in puncto Gehalt gleichgestellt werden.

Zusätzlich zum regelmäßig gezahlten Arbeitsentgelt müssen auch verschiedene andere Vergütungen durch den Entleiher geleistet werden.

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 24.09.2014 beinhaltet dies alle Vergütungen, die normalerweise aufgrund eines Angestelltenverhältnisses gewährt werden.

Dazu gehören zum Beispiel:

  • Anteilige Zahlung der Renten-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung
  • Vermögenswirksame Leistungen (VL)
  • Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
  • Sonderzahlungen wie Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld
  • Auszahlung von Prämien, Provisionen und Boni
    Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit
  • Schichtzulagen
  • Bezahlung von Überstunden oder Freizeitausgleich
  • Bezahlter Urlaub
  • Arbeitgeberzuschüsse für Arbeitsweg, Kantine, Gesundheitsvorsorge etc.

Zusammengefasst bedeutet das laut der vorhin erwähnten Urteilsbegründung sind zu zahlen:

Zitat

„sämtliche auf den Lohnabrechnungen vergleichbarer Stammarbeitnehmerinnen und Stammarbeitnehmer des Entleihers ausgewiesene Bruttovergütungsanteile“.

Es gibt aber noch mehr Leistungen, die Zeitarbeitnehmern ebenso zustehen wie vergleichbaren Festangestellten.

Hierzu gehören unter anderem Dienstwagen, Arbeitslaptop, Diensthandy usw.

Diese sogenannten Sachbezüge dürfen aber laut EU Regelung nach Absprache alternativ auch in der jeweiligen Landeswährung, hier also in Euro, an die Leiharbeiter ausgezahlt werden.

Für den Fall, dass ein entleihendes Unternehmen keine vergleichbaren Angestellten hat,
wird ein fiktives, dem aktuellen Arbeitsmarkt entsprechendes Entgelt festgelegt.

Es muss jenem Betrag entsprechen, welchen der Entleiher zahlen würde, wenn er den Zeitarbeiter fest bei sich einstellen würde.

Verdient ein Leiharbeiter aufgrund dessen mehr als die Stammbeschäftigten, ist es nicht erlaubt, die Vergütung auf Equal Pay zu reduzieren.

Dieser Umstand nennt sich auch Besitzstandswahrung. Leihkräfte dürfen also in keinerlei Hinsicht finanziell schlechter gestellt werden, als unbefristet eingestellte Mitarbeiter.

Was unterscheidet Equal Pay und Equal Treatment?

Wie bereits erklärt, schreibt der Gesetzgeber jeder Arbeitnehmerüberlassung Equal Pay vor – diese Regelung bezieht sich ausschließlich auf die finanzielle Gleichstellung mit Stammmitarbeiten.

Der Gleichstellungsgrundsatz (Equal Treatment) sieht laut der EU Richtlinie 2008/104/EG vom 19.11.2008 jedoch noch weitere Gleichberechtigungsmerkmale in anderen Bereichen vor.

Die essenziellen Beschäftigungsbedingungen des entleihenden Unternehmens müssen für vergleichbare Stammmitarbeiter und Zeitarbeitnehmer gleichermaßen gelten.

Zu den Merkmalen des in §8 AÜG verankerten Gleichstellungsgrundsatzes gehören unter anderem:

  • Pausen und Ruhezeiten
  • Tägliche Arbeitszeit
  • Schicht- und/oder Nachtarbeit
  • Arbeitsumgebung

Wann wird Equal Pay bezahlt?

Die Bezahlung nach dem Equal Pay Grundsatz ist in zwei Bereiche gesplittet:

Die Entlohnung hängt davon ab, ob es für die jeweilige Branche, in der Leiharbeiter tätig sind, einen Tarifvertrag gibt oder nicht.

Equal Pay in Branchen ohne Tarifvertrag

Wenn es für einen Arbeitssektor keinen Tarifvertrag gibt, greift § 8 des AÜG. In diesem Fall ersetzt also das gesetzliche Equal Pay das tarifliche Equal Pay.

Dieses gilt ab dem ersten Beschäftigungstag des Zeitarbeitnehmers.

Dies hat den Hintergrund, dass Entlohnungen von Leiharbeitern, welche nicht unter die Regelungen professionell ausgehandelter Tarifverträge fallen, geschützt werden.

Für Angestellte von Personaldienstlern also ein enormer Vorteil.

Kann das Equal Pay ausgesetzt werden?

Eine der beiden zuvor erläuterten Regelungen kommt immer und bei jedem Leiharbeiter zur Anwendung – unter Umständen mit den erwähnten Ausnahmen.

Es gibt jedoch eine Situation, in denen der Zeitraum bis zum Equal Pay länger ist als vorgesehen: eine oder mehrere Unterbrechungen des Arbeitseinsatzes im entleihenden Unternehmen.

Eine Unterbrechung ist wie folgt definiert:

Liegen zwischen zwei Einsätzen des Zeitarbeiters mehr als drei Monate, wirkt sich dies auf das Equal Pay aus.

Denn die Fristberechnung wird aufgrund der Unterbrechung auf null zurückgesetzt.

Handelt es sich bei Unterbrechungen um genau drei Monate oder weniger, müssen die einzelnen Überlassungszeiträume angerechnet werden.

Falls man dabei mehrere Überlassungszeiträume zu berücksichtigen hat, werden die einzelnen Einsatzzeiträume addiert.

Wichtig

Ausschlaggebend für die Berechnung der Equal Pay Frist ist die vertraglich vereinbarte Überlassungsdauer! Fälschlicherweise wird oft davon ausgegangen, dass es um die tatsächlich geleisteten Arbeitstage geht.

Sollte ein Einsatzbetrieb oder eine Arbeitnehmerüberlassung sich nicht an den Equal Pay Grundsatz halten, drohen empfindliche Strafen.

Die Nichteinhaltung wird monetär hoch sanktioniert, es können Strafzahlungen bis zu 500.000 EUR anfallen. Je nach Schwere des Falls kann einer Agentur auch die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis entzogen werden.

Zusätzlich muss das zu wenig gezahlte Entgelt nachträglich überwiesen werden.

In der Dienstleistungsbranche bezeichnet man dies als Differenzzahlung zum tariflichen oder gesetzlichen Equal Pay.

Leiharbeiter, die nicht gleich bezahlt werden wie vergleichbare Festangestellte, haben das Recht, ihr Equal Pay gerichtlich einzuklagen.

Wie funktioniert Equal Pay?

Nach der vorangegangenen, sehr detaillierten und anhand von Paragrafen erfolgten Erklärung, fassen wir noch einmal kurz und bündig zusammen.

Der Vergleichslohn von Zeitarbeitnehmern muss dem Entgelt von fest angestelltem Personal des entleihenden Betriebs angepasst werden. Berechnungsgrundlage sind dabei: gleiche oder gleichwertige Aufgaben oder Funktionen sowie vergleichbare Qualifikationen. Beschäftigt ein Kundenunternehmen keine vergleichbaren Stammmitarbeiter, wird der Lohnberechnung ein fiktives Gehalt zugrunde gelegt. 

Dieses orientiert sich an dem Entgelt, welches der Kundenbetrieb einem unbefristet angestellten Mitarbeiter für die vom Leiharbeiter besetzte Position zahlen würde. Die aktuell am Markt übliche Bezahlung sollte in die Gehaltskalkulation einbezogen werden. Falls ein Zeitarbeitnehmer daraufhin besser verdient, als das Fixpersonal, darf die Entlohnung nicht reduziert werden.

Berechnung von Equal Pay - ein Beispiel

Das Arbeitsentgelt eines Leiharbeiters beträgt bei der Arbeitnehmerüberlassung:
3.800,00 € für 38,5 Arbeitsstunden/ Woche

Die Lohnzahlung beim entleihenden Unternehmen beträgt:
3.900,00 € für 40 Wochenstunden

Die Berechnung des Equal Pays ergibt sich wie folgt:
(3.900,00 € ÷ 40) x 38,5 = 3.735,74 €

In diesem Beispiel bestünde also kein Anspruch auf eine Equal Pay Zulage:

Das vom Verleiher gezahlte Gehalt liegt bereits über dem Lohn, welches der Entleiher für die entsprechende Arbeitszeit zahlt.

Vor- und Nachteile von Equal Pay

Die Vorteile des Equal Pay sind:

  • Unter Umständen ein Gehaltsplus für Zeitarbeitnehmer
  • Gleiche Zahlung aller finanziellen Zuwendungen wie an die Stammbelegschaft

Obwohl die finanzielle Gleichstellung oft für Zeitarbeitnehmer mehr Lohn bedeutet, sehen einige den Equal Pay Grundsatz recht kritisch. Viele Leiharbeiter befürchten, durch die Reformen des AÜGs häufigeren Arbeitsplatzwechseln ausgesetzt zu sein. In der Folge könnten sie stärkere finanzielle Schwankungen für Zeitarbeitnehmer in Kauf nehmen müssen, was wiederum ihre finanzielle Planungssicherheit beeinträchtigt.

Fazit

Die aktuelle Arbeitslage schwankt von Branche zu Branche enorm. Wo gestern noch gesucht wurde, herrscht heute ein Überangebot an Arbeitskräften.

Zeitarbeitsagenturen müssen heute mehr denn je auf Zack sein, um den Arbeitsmarkt bestmöglich zu bedienen. Auch die Einführung des Equal Pay Grundsatzes hat daran nicht wesentlich etwas geändert – je nach Sektor vielleicht sogar im Gegenteil.

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